Die Vision von Open Source Guitars

Open Source Guitars

Open Source Guitars, im Jahre 2008 als Studentenensemble an der Musikhochschule Trossingen entstanden, praktizieren einen innovativen Ansatz der gitarristischen Ensemblearbeit mit dem Ziel, das Repertoire zu erweitern, eine neue Klangsprache zu entwickeln und die Vernetzung mit angrenzenden Kunstformen voranzutreiben. Das Projekt wird seit 2011 durch den Innovations- und Qualitätsfonds des Baden-Württembergischen Kultusministeriums gefördert. Die Künstlerische Leitung lag bis zum Jahre 2017 bei Prof. Michael Hampel, und wurde im Rahmen der neuen Professur für Ensemble und Digital Performance auf Prof. Dr. Barbara Lüneburg übertragen.

Die Entwicklung der Gitarre

Die Gitarre hat historisch stets aufs Neue ihre Rollen vom Ensembleinstrument bis zum Werkzeug der Virtuosen ausgelotet, entwickelte sich dabei zu einem der populärsten Musikinstrumente heute und hinterließ vielfältige bauliche Erscheinungsformen.
In diesem Zuge hat auch das Repertoire – insbesondere seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts – enorm zugenommen, sich stilistisch verbreitert und ist inhaltlich komplexer geworden. Für die Weiterentwicklung der Literatur erwies sich die Zusammenarbeit mit zunächst nicht originär mit der Gitarre vertrauten Künstlern und Komponisten als besonders fruchtbar. Man denke nur an Wegbereiter wie Andrés Segovia oder Julian Bream, die sowohl durch ihre Zusammenarbeit mit renommierten Komponisten als auch mittels ihrer eigenen Bühnen- und Medienpräsenz für einen Popularitätsschub der Gitarre sorgten, bis zu zeitgenössischen Virtuosen wie Andy McKee oder Steve Vai, welche sowohl für die Erweiterung der Spieltechniken als auch die Integration elektronischer Zusatzgeräte stehen. Die Gegenwartsmusik greift auf die Gitarre bzw. das Konzept “Gitarre” aufgrund ihres umfangreichen und diffizilen Klangspektrums oft zurück.

Die Idee von Open Source Guitars

Open Source Guitars haben sich von Beginn an eine sehr offene künstlerische Arbeitsweise zu Eigen gemacht. Das Konzept “Gitarre” für die Zusammenarbeit mit gitarrenexternen Einflüssen, Musik- und Kunstrichtungen zu öffnen und diese in neues Repertoire einfließen zu lassen, ist der Kerngedanke der Open Source Guitars – als Ensemble wie als Lehrform an der Musikhochschule.

Diese häufig multimediale Arbeitsweise als künstlerisch-forschende Methodik wird laufend dokumentiert, reflektiert und das Material sowie Methoden werden unter der Creative Common Lizenz für Dritte verfügbar gemacht. In der Lehre entstehen neue Formen des Diskurses zwischen Studierenden, Lehrenden, externen Gästen und Komponistinnen und Komponistenen. Neben intensiven musikalisch-praktischen Erfahrungen im Zuge der Erarbeitung komplexer Werke profitieren die Studierenden insbesondere auch von der Gruppe selbst, die Offenheit und Reflexionsfähigkeit fördert.

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieser Arbeit zeichnen sich aus durch das Ausbrechen aus gängiger gitarristischer Aufführungspraxis und lassen neue künstlerische und konzertdramaturgische Konzepte entstehen. Um diese Stoßrichtungen zu skizzieren, seien folgende Arbeiten beispielhaft genannt: (1) Die Neuvertonung des Stummfilmklassikers „Nosferatu“, bei welcher der Film nicht nur untermalt, sondern vielmehr mit einer aus dem Ensemble heraus entwickelten Klangsprache musikalisch-szenisch ergänzt und kommentiert wird. Erste Aufführungen im Wintersemester 2014/15 stießen bei Publikum und Kritik auf hervorragende Resonanz. (2) Das eigens für Open Source Guitars geschriebene Werk „Scordato“ des slowenischen Komponisten Uros Rojko, welches mit einer im Ensemble aufgeteilten 7/8-tönigen Stimmung eine spektrale Mikrotonalität ins Zentrum stellt und innerhalb seiner dreiteiligen Anlage das Verhältnis von Chaos und Ordnung hinterfragt. (3) Die anhaltende Beschäftigung mit Ideen zur Performance („Was ist Bühne?“) entwickelt einen eigenständigen Aufführungsbegriff.

Die Zusammenarbeit mit anderen Kunstrichtungen ermöglicht einen künstlerischen Erfahrungsaustausch, der sich in einer Erweiterung des Repertoires sowie einer künstlerisch-forschenden Arbeitsweise manifestiert. Hierdurch werden auch neue Spielorte zugänglich gemacht, die wiederum für ein neues Publikum attraktiv sind. Auch nach Abschluss des Studiums sollen der Open Source Guitars Gedanke eigenständig fortgeführt werden und der Hochschulkontakt durch ein Alumni-Netzwerk bestehen bleiben.

Ein weit über das klassische Musikstudium hinausgehender Kompetenzerwerb

Die multimediale Arbeitsweise, die anhaltende Reflexion sowie die parallele Einbindung der Studierenden in die praktische Organisation und Kommunikation ihrer Projekte erschaffen einen Raum, der weit über die instrumentalen und musikalischen Inhalte eines traditionellen Musikstudiums hinaus geht. Das Projekt Open Source Guitars eröffnet in seiner Vielschichtigkeit einen ungewöhnlichen, praxisorientierten Ansatz für innovative Hochschullehre und Studium.

Ein vom Innovations- und Qualitätsfond Baden-Württemberg gefördertes Projekt der